Digitalisierung in pädagogischen Bereichen ist ein komplexer Prozess: Sie tangiert nicht nur technische und finanzielle Aspekte, sondern auch die Kompetenz und die Haltung von Mitarbeitenden. Aus diesem Grund entsteht schnell Orientierungslosigkeit, wenn sich Träger medienpädagogisch aufstellen wollen: Welche Ziele möchten wir erreichen? An welchen Stellschrauben müssen wir noch drehen, um unser Angebot optimal an die Lebenswelt unserer Zielgruppe anzupassen?
Aus diesem Grund wurde der Conceptopia Arbeitskreis ins Leben gerufen: 14 große Träger der Jugendförderung in NRW haben sich zusammengefunden, um Qualitätskriterien medienpädagogischer Arbeit zu entwickeln.
Zielgruppe der Qualitätskriterien sind Akteur*innen aller Träger der Jugendförderung, die Einfluss auf pädagogische Handlungen nehmen:
- verschiedene Ebenen (Führungskräfte, Angestellte, Zielgruppe),
- verschiedene Arbeitskontexte (Honorarkräfte, Ehrenamtliche, allein oder im Team, öffentliche und freie Träger)
- verschiedene Arbeitsbereiche (soziale Arbeit, OKJA, Jugendverbände usw.)
Die Qualitätskriterien sind daher so allgemeingültig wie möglich formuliert.

Aufbau unserer Qualitätskriterien
Es gibt Träger der Jugendförderung, die keine medienpädagogischen Angebote bzw. Schwerpunkte ausbauen möchten, was mitunter auf Ressourcenmangel zurückgeführt werden kann. Unserer Ansicht nach ist das in Ordnung – es gibt jedoch ein Mindestmaß an Wissen und Handlungsfähigkeit, das notwendig ist, um Medienkompetenz als Schlüsselkompetenz zu stärken sowie den Kinder- und Jugendschutz zu gewährleisten.
Gleichzeitig möchten wir mit den Qualitätskriterien unser “Wunschdenken” zum Ausdruck bringen: Wie kann medienpädagogische Arbeit über das Mindestmaß hinaus vertieft und weiterentwickelt werden?
Unser Lösungsvorschlag sind Qualitätskriterien auf zwei Ebenen:
Erforderliche Qualitätskriterien
umfassen eine grundlegende Auseinandersetzung mit medienpädagogischen Themen und ihren Wirkungsbereichen. Hierdurch erwerben Fachkräfte medienpädagogisches Basiswissen und sind dazu fähig, ihre Zielgruppen in zunehmend digitalisierten Lebenswelten vor Gefahren zu schützen und ihre Teilhabechancen zu verbessern.
Förderliche Qualitätskriterien
zielen auf eine zusätzliche Erweiterung der medienpädagogischen Arbeit ab. Sie sind vor allem für Akteur*innen relevant, die sich bereits mit digitalen Medien auseinandergesetzt haben und ggf. weitere Schwerpunkte in dem Bereich setzen möchten.
Vier Dimensionen
Die Qualitätskriterien sind in die vier Dimensionen medienpädagogischer Ressourcen aufgeteilt, die vom Projekt Conceptopia erarbeitet wurden. Weitere Informationen findet ihr hier.
Was sind eigentlich "medienpädagogische Maßnahmen"?
Dieser Ausdruck steht für alle Handlungen und Angebote der Kinder- und Jugendarbeit, die Medienkompetenzförderung bewirken. Diese Maßnahmen können ganz unterschiedlich aussehen!
Beispiele:
- Ein kreativer Video-Workshop
- Ein gemeinsames Reflexionsgespräch
- Aufklärende Infoplakate oder Broschüren
- Beteiligung der Zielgruppe am neuen Medienkonzept
Was sind eigentlich "medienpädagogische Maßnahmen"?
Dieser Ausdruck steht für alle Handlungen und Angebote der Kinder- und Jugendarbeit, die Medienkompetenzförderung bewirken. Diese Maßnahmen können ganz unterschiedlich aussehen!
Beispiele:
- Ein kreativer Video-Workshop
- Ein gemeinsames Reflexionsgespräch
- Aufklärende Infoplakate oder Broschüren
- Beteiligung der Zielgruppe am neuen Medienkonzept
Was ist eigentlich Medienkompetenz?
Der Begriff steht (in Anlehnung an Dieter Baacke) „für das Potenzial des Menschen, Wissen über Medien zu besitzen und zu erwerben sowie die Fähigkeit, Medien souverän bedienen, kritisch beurteilen und kreativ gestalten zu können.“ (Hugger, 2021, S. 67-68). Der Medienkompetenzrahmen NRW unterscheidet sechs Bereiche der Medienkompetenz:
Erforderliche Qualitätskriterien medienpädagogischer Arbeit
Was brauchen wir, um Kinder- und Jugendschutz zu gewährleisten und Medienkompetenz zu fördern?
Haltung & Arbeitsweise
Haltung & Arbeitsweise
- Themenbewusstsein: Die Relevanz von Digitalisierung und Medienpädagogik im Leben von jungen Menschen ist grundsätzlich bewusst. Es ist bekannt, dass ein digitales Angebot nicht automatisch medienpädagogische Wirkung entfaltet.
- Haltung: Medienpädagogische Haltungen werden reflektiert. Mögliche Diskrepanzen zwischen persönlichen und beruflichen Perspektiven werden abgestimmt, um medienpädagogisch handlungsfähig zu sein.
- Leitlinien: Gemeinsame Ziele und Vorgaben in Bezug zur Medienpädagogik sind schriftlich festgehalten, um den Beteiligten Sicherheit zu bieten und Handlungsmöglichkeiten zu schaffen.
- Flexibilität: Es herrscht Offenheit für neue Methoden und Themen, um die Wandlung von Lebenswelten junger Menschen zu berücksichtigen.
- Aktualisierung: Medienpädagogische Leitlinien und Maßnahmen werden in einem festgelegten Rhythmus auf ihre Aktualität hin überprüft.
- Verankerung: Medienpädagogische Maßnahmen sind keine temporäre Erscheinung, sondern ein dauerhafter Bestandteil der Jugendarbeit.
Ausstattung & Finanzen
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Personal: Medienpädagogische Maßnahmen werden in der Personalplanung berücksichtigt.
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Finanzielle Mittel: In der Maßnahmen-, Kosten- und Budgetplanung werden finanzielle Mittel berücksichtigt, um die erforderlichen Kriterien medienpädagogischer Arbeit zu erfüllen.
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Technische Ausstattung: Es stehen Dienstgeräte und dienstliche Zugänge zur Verfügung, so dass keine privaten Ressourcen genutzt werden müssen, um medienpädagogisches Handeln zu ermöglichen.
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Internet-Zugang: Zugang zum Internet ist vorhanden. Die rechtlichen Rahmenbedingungen (z.B. DSGVO, Urheberrecht, Aufsichtspflicht) sind bekannt.
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Räumliche Ausstattung: Die zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten gewähren die Durchführung von medienpädagogischen Maßnahmen sowie die sichere Aufbewahrung dienstlicher Geräte.
Interaktion & Vernetzung
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Träger: Es herrscht eine Kultur der Offenheit und Ermöglichung medienpädagogischer Maßnahmen.
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Zielgruppe: Benachteiligungen der Zielgruppe (z.B. Zugang zu Geräten, fehlende Unterstützung im Elternhaus, fehlende Medienkompetenz) werden in medienpädagogischen Maßnahmen berücksichtigt und ggf. abgemildert.
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Kultur des Sozialraums: Es besteht ein Bewusstsein über die Wechselwirkungen und Spannungsfelder, in denen sich die medienpädagogische Arbeit befindet. Die medienpädagogischen Maßnahmen orientieren sich daher an den kulturellen und sozialen Voraussetzungen des Einzugsgebietes.
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Netzwerke: Externe Ressourcen (z.B. Expert*innen, Infomaterialien) sind bekannt und es besteht die Möglichkeit, dass sie bedarfsspezifisch hinzugezogen werden.
Medienpädagogische Kompetenz
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Medienkompetenz: Der Begriff Medienkompetenz (z.B. nach Dieter Baacke) ist bekannt und eine inhaltliche Auseinandersetzung hat stattgefunden.
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Auswirkungen der mediatisierten Gesellschaft: Die Auswirkungen der mediatisierten Gesellschaft auf die Lebenswelten von jungen Menschen werden beobachtet und in alle Entscheidungen einbezogen, die die Zielgruppe betreffen.
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Verbesserung von Arbeitsprozessen: Digitale Medien stehen zur Gestaltung von Arbeitsprozessen und pädagogischen Maßnahmen zur Verfügung. Hierbei findet eine Abwägung der (oft gegensätzlichen) Anforderungen des pädagogischen Auftrags und der rechtlichen Rahmenbedingungen (z.B. Jugendschutz, Datenschutz, Arbeitsrecht) statt.
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Methoden zur Förderung von Medienkompetenz: Es besteht Wissen über vorhandene Methodensammlungen, Informationsquellen sowie die Adaptionsmöglichkeiten in Bezug zur eigenen Zielgruppe und den individuellen Rahmenbedingungen.
Förderliche Qualitätskriterien medienpädagogischer Arbeit
Wie können wir medienpädagogische Arbeit über das Mindestmaß hinaus erweitern und fördern?
Haltung & Arbeitsweise
Haltung & Arbeitsweise
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Partizipation und Medien: Medien und Technologien werden gezielt eingesetzt, um die Zielgruppen einzubinden und Entscheidungsprozesse zu demokratisieren.
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Medienkonzept: Medienpädagogische Maßnahmen und Leitlinien werden in einem Medienkonzept ausformuliert und verstetigt.
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Ressourcenorientierung: Vorhandene Kompetenzen und Interessen (z.B. Gaming, Social Media, MINT) werden in medienpädagogischen Maßnahmen berücksichtigt und ausgetauscht.
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Selbstwirksamkeit: Es werden Angebote zur Mitgestaltung geschaffen (z.B. Social-Media-Profile), um Selbstwirksamkeitserfahrungen für die Zielgruppe zu ermöglichen.
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Hybride Jugendarbeit: Medienpädagogische Maßnahmen werden sowohl vor Ort als auch digital konzipiert, wobei sich beide Optionen symbiotisch ergänzen.
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Medienbeauftragte: Ein*e Ansprechpartner*in für alle medienpädagogischen Belange wird gewählt und entsprechend fortgebildet.
Ausstattung & Finanzen
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Vereinfachung von IT- und Datenschutzprozessen: Das pädagogische und technische Personal arbeitet in einer Kultur der gegenseitigen Unterstützung.
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WLAN: Es steht kabelloser Internetzugang zur Verfügung.
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Mobiler Internetzugang: Für auswärtige Maßnahmen (z.B. Ferienfreizeiten, aufsuchende Arbeit) steht ein mobiler Router zur Verfügung.
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Funktionalität: Die zur Verfügung stehende Technik wird regelmäßig erneuert und gewartet, um den Anforderungen medienpädagogischer Maßnahmen gerecht zu werden.
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Kenntnisse über Projektgeber*innen und Fördermöglichkeiten: Anlaufstellen zur Förderung von medienpädagogischen Projekten und Ausstattung sind bekannt.
Interaktion & Vernetzung
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Strukturelle Vernetzung: Um die Nachhaltigkeit und den Effekt medienpädagogischer Maßnahmen zu erhöhen, findet eine Zusammenarbeit mit anderen Institutionen (z.B. Schule, Jugendamt, Polizei usw.) statt.
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Kooperation: Es findet eine aktive Vernetzung mit anderen Trägern oder Fachkräften in Form von gemeinsamen medienpädagogischen Projekten statt.
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Anbindung an Fachstrukturen: Durch die Mitgliedschaft in Fachstrukturen (z.B. Verbände, Gremien) werden Impulse und Reflexionspotentiale geschaffen.
Medienpädagogische Kompetenz
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Medienpädagogik als Querschnittsthema: Medienpädagogik wird als Querschnittsthema verstanden, das auch in anderen Themenbereichen Anwendung findet (z.B. Radikalisierung, Mobbing, Sexualität, Kunst).
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Weiterbildung: Ehrenamtliche und Mitarbeitende können bei Interesse Weiterbildungen in Anspruch nehmen.
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Handlungsorientierte Medienpädagogik: Die Möglichkeiten der Medienkompetenzförderung durch die aktive und kreative Medienarbeit sind bekannt und werden zielgruppenorientiert und bedarfsgerecht eingesetzt.
Unser Praxistipp: Nutzt die Broschüre mit Ampelsystem!
In unserer Info-Broschüre Qualitätskriterien medienpädagogischer Arbeit findet ihr alle Kriterien noch mal in einer übersichtlichen Tabelle, die ihr auch dazu nutzen könnt, zu überprüfen, wo ihr gerade selbst steht.
Nutzt das Ampelsystem, um euren individuellen Fortschritt sichtbar zu machen. Es zeigt an, dass
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Rote Ampel: ein Kriterium sich noch in der Entwicklung befindet.
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Gelbe Ampel: ein Kriterium bereits angewendet wird.
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Grüne Ampel: ein Kriterium bereits angewendet wird und in einem festen Turnus auf seine Qualität hin geprüft wird.