Die außerschulische Kinder- und Jugendarbeit ist eines der wichtigsten Arbeitsfelder im Bereich der Kulturellen Bildung. Hier finden Fachkräfte aus Pädagogik, Kunst und Kultur zusammen – sowohl angestellt in Einrichtungen als auch freischaffend und initiieren subjektorientierte Angebote, die sich an der Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen orientieren und Teilhabe an Kunst, Kultur und Medien ermöglichen. Diese Fachkräfte – ihr – engagieren sich dafür, dass Kultur und Kunst nicht mehr hochkulturell angesiedelt, sondern für alle Menschen zugänglich sind. Und nicht nur das: Ihr sorgt dafür, dass alle Menschen auch die Möglichkeit bekommen, mit ihren besonderen Hintergründen, Erfahrungen und Voraussetzungen Kunst und Kultur maßgeblich mitzugestalten.
Wir schreiben das Jahr 2022. Seit fast drei Jahren befindet sich die Kulturelle Bildung aufgrund der Corona-Pandemie mitten im Prozess einer Neuausrichtung.
Eine Neuausrichtung, die darauf zielt,
- sich mit aktuellen künstlerischen Positionen bekannt zu machen, in denen Medien als selbstverständliches Werkzeug für den ästhetisch-künstlerischen Ausdruck Anwendung finden,
- diese Methoden anzuerkennen, anzuwenden und anzubieten,
- lebensweltorientierte analoge, digitale oder hybride Angebote für Kinder und Jugendliche zu schaffen und
- dass Digitalisierung in die eigene Organisationsstruktur und -kultur sowie Digitalität Teil des Wissens- und Handlungsrepertoires wird.
Doch spulen wir kurz zurück.
Durch die Pandemie sind nicht nur Jugendeinrichtungen von Schließungen betroffen, sondern natürlich auch Einrichtungen der Kulturellen Bildung. Fachkräfte aus Kunst, Kultur und Pädagogik – sowohl angestellt als auch freischaffend – sind gezwungen, sich mit den oben angeführten Aufgaben und Herausforderungen auseinanderzusetzen – beginnend mit einer Haltungsentwicklung. Für die Kulturelle Bildung bedeutet eine Haltungsentwicklung doppelte Arbeit, denn es geht nicht nur darum, eine Haltung zu Medien im Kontext der Kulturellen Jugendarbeit zu entwickeln (was schon herausfordernd genug ist), sondern auch gegenüber künstlerischen Positionen wie NFTs, Memes oder Netzkunst.
Diese Aufgaben und Herausforderungen können nicht alleine bewältigt werden, vor allem nicht in Anbetracht der Kapazitäten der Fachkräfte in diesem Bereich. Daher muss Medienpädagogik in einem so interdisziplinär angelegten Bereich wie der Kulturellen Bildung als fester und wichtiger Bestandteil dieser gelten. Die Medienpädagogik und Kulturelle Bildung verfolgen die gleichen Ziele, nämlich jungen Menschen Teilhabe an Kunst, Kultur und Medien zu ermöglichen, sie in ihren jeweiligen Entwicklungsaufgaben auf kreative Weise zu unterstützen, sie zu empowern und für die Zukunft zu stärken. Aber auch eine professionelle Weiterentwicklung von Fachkräften ermöglichen, indem zeitgemäße, lebensweltorientierte und partizipative Bildungspraxis vorangetrieben wird.
Dabei sind zwei Aspekte hervorzuheben, die als Bindeglieder zwischen der Kulturellen Bildung und Medienpädagogik fungieren.
- Digitalität:
Im Gegensatz zur Digitalisierung, welche den technologischen Aspekt sowie die Schaffung einer technischen Infrastruktur beinhaltet, füllt der Begriff der Digitalität die Digitalisierung mit Inhalten und Leben. Digitalität umfasst demnach Aspekte wie Sprache, Verhandlungsformen, Kunst, Kultur, Politik oder soziale Interaktion. Fachkräfte aus Kunst, Kultur und Pädagogik sind demnach maßgeblich dafür verantwortlich, Digitalität zu formen – und zwar gemeinsam.
- Interdisziplinarität:
Sie ist das Ziel und der Weg zugleich: Interdisziplinarität fördert Medienkompetenz, indem Medien als Werkzeuge verwendet werden, um lebensweltorientierte ästhetisch-künstlerische Kunst- und Kulturangebote zu schaffen. Interdisziplinäres Arbeiten ermöglicht Menschen neue Ausdrucksformen kennenzulernen und so sich selbst und die Welt zu erforschen, zu verarbeiten und ausdrücken zu können. Interdisziplinarität führt dazu, dass Medien als Kulturgut angesehen werden und dadurch neue mediengestützte ästhetisch-künstlerische Ausdrucksformen entstehen, die in der Praxis umgesetzt werden. Interdisziplinarität führt außerdem dazu, dass Menschen mit verschiedenen Erfahrungen und spezifischen Bereichen zusammenfinden und an Zielen auch gemeinsam arbeiten.
Um die am Anfang des Beitrags erwähnten Herausforderungen und Aufgaben zu bewältigen, sich die Digitalität zu Nutze zu machen und zu befüllen sowie interdisziplinär zu denken und zu handeln, bedarf es struktureller und nachhaltiger Veränderungen und Prozesse.
Ein großer und wichtiger Teil dieses Prozesses sollte die Erstellung eines Medienkonzepts sein. Ein Medienkonzept ist da, um euch Sicherheit zu geben. Es dient euch als Zusammenfassung pädagogischer Ziele und auch der Qualitätssicherung. Ein Medienkonzept kann ein sehr wichtiges Argument in Verhandlungen sein und bekräftigen, wie wichtig es ist, euer Repertoire um medienpädagogische Arbeit zu erweitern. Besonders als Einrichtung der Kulturellen Bildung ist es darüber hinaus sinnvoll, eine künstlerische Vision zu entwickeln. Darunter fallen z.B. aktuelle künstlerische Positionen und Methoden.
Einen weiteren strukturellen Ansatz bietet das bundesweite Projekt unserer Kolleginnen participART – Medien.Kunst.Pädagogik an. Das Projekt setzt an der Schnittstelle von Medien- und Kulturpädagogik zur Digitalität an. Mithilfe von interdisziplinären und partizipativen Bildungs-, Erprobungs- und Vernetzungsformaten sollen Fachkräfte aus Kunst, Kultur und Pädagogik adressiert werden. Dabei bietet das Projekt vier Module an:
- art.edu:
Die Online-Fortbildungsreihe bietet die Möglichkeit, medien- und kulturpädagogisches Wissen mit unmittelbarem Praxisbezug an den Schnittstellen Medien, Kunst und Kultur zu erlernen. Absolvent*innen von art.edu werden vom Projektteam anschließend dabei unterstützt, ihre eigenen art.spaces zu etablieren.
- art.spaces:
Deutschlandweit entwickeln und erproben Projektgruppen gemeinsam mit Kindern und Jugendlichen prozessorientiert medien- und kulturpädagogische Methoden, ermöglichen mediengestützte ästhetische Erfahrungen und setzen sich kreativ mit Medien.Kunst auseinander.
- art.community:
Eines der größten Ziele des Projekts ist eine Zusammenführung bundesweiter Akteur*innen aus Kunst, Kultur und Pädagogik, die sowohl strukturell, theoretisch und/oder praktisch angesiedelt sind. Im Rahmen von regelmäßigen Netzwerktreffen wird die Schnittstelle Medienpädagogik und Kulturelle Bildung weitergedacht, an Diskursen und einer gemeinsamen Zukunft gearbeitet und konkrete Projekte, Methoden und Perspektiven erarbeitet.
- art.online:
Dieses Modul ist die Online-Plattform des Projekts, die nicht nur die Möglichkeit bietet, sich über das Projekt zu informieren, sondern Medien.Kunst auch in all ihren Facetten zu erleben. Medien- und kulturpädagogische Methoden zum Nachmachen, Blogbeiträge zu aktuellen künstlerischen Positionen sowie eine begehbare Online-Ausstellung mit allen Prozessen sowie Ergebnissen aus art.spaces erwarten dabei alle Interessierten.
Wir möchten euch mit diesem Artikel aus unserer Perspektive verdeutlichen, wie wichtig dieser Prozess der Neuausrichtung ist, um Kunst und Kultur wirklich für alle Menschen zugänglich zu machen und dass es Zeit ist, sich neu zu positionieren und zu orientieren. Doch vor allem soll deutlich werden, dass ihr damit nicht alleine seid.